Im Mittelpunkt der Vorlesung stehen die beiden Gödelschen Unvollständigkeitssätze.
(1) Der erste Satz besagt, daß die Menge aller wahren zahlentheoretischen
Aussagen (der ersten Stufe) nicht algorithmisch erfaßbar ist (d.h.
nicht rekursiv-aufzählbar ist). Das hat zur Konsequenz, daß
das Dedekind-Peanosche Axiomensystem DPA (der 1. Stufe) für die Arithmetik
der natürlichen Zahlen unvollständig ist. Es gibt wahre zahlentheoretische
Aussagen, die nicht in DPA beweisbar sind. Ein analoger Sachverhalt gilt
für jede widerspruchsfreie, rekursive Liste von Axiomen, welche DPA
erweitert.
(2) Der zweite Gödelsche Unvollständigkeitssatz sagt, daß
man die Widerspruchsfreiheit der Dedekind-Peano-Arithmetik DPA nicht mit
elementaren Methoden beweisen kann, d.h. mit Methoden, die von dem System
DPA selbst bereitgestellt werden.
(3) Zum Beweis dieser beiden Sätze werden die Algorithmen des
Herleitens (Beweisens) als zahlentheoretische Funktionen kodiert. Das erlaubt
es, "in" der Zahlentheorie "über" die Zahlentheorie zu sprechen.
(4) Dieses Kodierungsverfahren erlaubt es, auch über den wichtigen
mathematischen Begriff der "berechenbaren Funktion" zu theoretisieren.
Der Beriff der "Berechenbarkeit" ist ein intuitiver Begriff, der nicht
durch eine mathematische Definition präzisiert werden kann. Wir werden
aber zeigen, daß der Begriff der "rekursiven Funktion" mit dem Begriff
der in der Dedekind-Peano-Arithmetik DPA repräsentierbaren (und hier
berechenbaren) Funktion zusammenfällt. Daher ist es angemessen, den
intuitiven Begriff der berechenbaren Funktion mit dem mathematisch-technischen
Begriff der rekursiven Funktion zu identifizieren (Churchsche These).
(5) Wir beschließen die Vorlesung mit einem Beweis der Widerspruchsfreiheit
der Dedekind-Peano-Arithmetik nach G. Gentzen und K. Schütte. Der
Beweis benutzt offenbar Methoden, die nicht im System DPA selbst verfügbar
sind. In der Tat benutzt er das Prinzip der transfiniten Induktion bis
zur Ordinalzahl $\epsilon_0$.