Anleitung zum Mathe-Studium

    1.    Vorlesungen
    2.    Übungsaufgaben
    3.    Klausuren
    4.    Seminare
    5.    Mündliche Prüfungen
    6.    Schriftliche Arbeiten



1. Vorlesungen

Besuchen Sie alle Vorlesungen. Selbst wenn es zur Vorlesung ein Skript oder ein Buch gibt und Sie den Stoff anderweitig nachlesen können, gehen Sie immer hin. Es macht einen Riesenunterschied, etwas gedruckt zu lesen, oder an der Tafel entstehen zu sehen. In der Vorlesung wird viel mehr vermittelt, als ein Buch je kann.

Was das Mitschreiben angeht: wenn es kein Skript gibt, bleibt Ihnen keine Wahl, dann müssen Sie mitschreiben. Ansonsten gilt: testen Sie sich selbst: Manche können der Vorlesung besser folgen, wenn sie nicht mitschreiben müssen, andere verstehen besser 'durch die Hand', d.h., durch's Mitschreiben. Beachten Sie auch folgendes: beim späteren Nacharbeiten des Stoffes kann es sein, dass Sie Ihre eigene Mitschrift besser verstehen als ein Skript oder eine fremde Mitschrift. Dann entscheiden Sie, was besser ist.

Arbeiten Sie die Vorlesung regelmäßig nach, am besten an einem anderen Wochentag. Nur einmal die Mitschrift oder das Skript duchblättern bringt schon was.


2. Übungsaufgaben

Versuchen Sie nicht, jede Aufgabe in einem Zug zu lösen. Sie haben eine Woche Zeit. Wenn Sie zu lange am Stück über ein Problem nachdenken, verrennen Sie sich und gehen immer dieselben Irrwege.
Warten Sie auch nicht mit der Bearbeitung einer Aufgabe, sondern packen Sie sie sofort an.
Ich empfehle folgende Vorgehensweise: gleich nach der Vorlesung (und vielleicht dem Mittagessen), setzen Sie sich hin und arbeiten an jeder Aufgabe für nicht länger als 20 Minuten. Selbst wenn Sie in dieser Zeit nicht einmal die Aufgabenstellung verstanden haben, gehen Sie trotzdem zur nächsten über.
Dann lassen Sie es für diesen Tag ruhen, machen andere Dinge und betrachten die Aufgaben erst wieder am nächsten Tag, dann aber auch wieder jede und jede für maximal 20 Minuten. Im Laufe der Woche werden Sie die Aufgaben nach und nach lösen und der Gesamtzeitaufwand wird deutlich niedriger sein als wenn Sie immer sehr lang über einer Aufgabe brüten und erst die nächste angreifen, wenn die davor gelöst ist.
Woran das liegt? Keine Ahnung. Vielleicht Synergieeffekte, also dass Ideen und Gedanken zu einer Aufgabe bei einer anderen weiterhelfen oder aber, das Gehirn arbeitet nachts weiter am Problem oder es ist einfach so, dass ein zeitlicher Abstand es leichter macht, eingefahrene Denkschienen zu verlassen.

Arbeiten Sie mit anderen zusammen. Mathematik ist eine Wissenschaft, die auf Austausch beruht. Wenn ihr zusammenhockt, kommt immer irgendwer auf die richtige Idee.
Sprechen Sie mit Leuten, die es besser können als Sie, klar, von denen können Sie lernen, aber helfen Sie auch denen, die es nicht so gut können, davon profitieren Sie selbst: nie verstehen Sie eine Lösung so gut, wie wenn Sie sie einem anderen erklären.
Wechseln Sie ab zwischen Alleinarbeit und gemeinsamem Bemühungen.Vor dem ersten Treffen einer Arbeitsrunde sollte jedy* schon mal ein Wenig über die Aufgaben nachgedacht haben.

Zum Aufschrieb: Schreiben Sie ganze Sätze.  Der Text soll auch laut vorgelesen noch Sinn ergeben. Definieren Sie jedes Symbol. Verbinden Sie alle Formeln entweder durch Text oder durch logische Vernüpfungen (zB Implikationen) miteinander.
Machen Sie sich am Ende nochmal den Gedankenverlauf klar und überlegen Sie, ob sich Teile einsparen lassen.


3. Klausuren

Zur Vorbereitung der Klausuren müssen Sie viele Aufgaben lösen. Im Internet finden Sie genug Material.
Aber vernachlässigen Sie die Theorie nicht. Arbeiten Sie die Vorlesung auf und machen Sie sich den Gedankenverlauf klar. Gehen Sie am Abend vor der Klausur früh zu Bett und machen Sie am Tag der Klausur etwas anderes, eine Last-Minute-Vorbereitung bringt nichts.


4. Seminare

Fangen Sie rechtzeitig mit der Vorbereitung Ihres Vortrags an. Drei bis vier Wochen sollten Sie sich geben. Die Lehrkräfte werden dafür bezahlt, Ihnen zu helfen. Nutzen Sie dieses Angebot und fragen Sie.
Beim Vortrag arbeiten Sie die Hauptaussagen heraus. Machen Sie einen Plan, der sagt, welches Lemma für welchen Satz benötigt wird. Zeigen Sie auch mal Mut zur Lücke: es ist besser, zu sagen, dass man mal ein bestimmtes Lemma nicht beweist, als am Ende mit der Zeit zu kämpfen.
Bei der Vorbereitung gibt es drei Phasen:
  1. Verstehen des Textes
  2. Planung des Vortrags (Auswahl der Beweise, logische Reihenfolge)
  3. Aufschrieb
Ich empfehle, den Vortrag vier mal aufzuschreiben:
  1. Der erste Aufschrieb dient der mathematischen Korrektheit
  2. Der zweite Auschrieb ist literarisch, d.h. es soll alles in ganzen Sätzen in vernünftigem Deutsch geschrieben sein.
  3. Der dritte Aufschrieb dient der Verständlichkeit: aus den deutschen Sätzen des vorigen sollen verständliche Sätze werden. Bandwurmsätze sollen gekürzt oder geteilt werden.
  4. Der vierte und letzte Aufschrieb dient der Kürze. Was in den vorigen Aufschrieben noch Sätze waren, wird hier zu Schlagwörtern reduziert. An der Tafel macht sich ein gut gewählter Telegrammstil besser als lange Sätze: beachte, dass das Lesy* bereits Gehirnkapazität beim Lesen und zusammensetzen langer Sätze verbraucht, die dann ggF für das mathematische Verständnis fehlt. Des Weiteren gilt auch in der Mathematik: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Wann immer eine Beweisidee durch ein schlagendes Bild vermittelt werden kann, tu das!
Halten Sie den Vortrag zur Probe (ruhig mehrmals) vor sich selbst, anderen Studentys*, Ihrer Großmutter...


5. Mündliche Prüfungen

Sprechen Sie den Stoff, der geprüft wird, genau ab. Gut ist, sich an dem Prüfy* bekannte Skripten oder Bücher zu halten. Teilen Sie Ihre Zeit zur Vorbereitung gut ein. Arbeiten Sie nicht nur am Schreibtisch. Lassen Sie das Buch auch mal hinter sich und gehen auf einen langen Spaziergang in den Wald. Dort erzählen Sie sich dann selbst den Inhalt einer ganzen Theorie von Anfang bis Ende mit vollständigen Beweisen. So merken Sie am besten, wo es hapert.


6. Schriftliche Arbeiten

Halten Sie Kontakt zum Dozenty. Lassen Sie sich regelmäßig blicken, auch wenn Sie keine Fortschritte erzielt haben. Es ist besser, das Dozenty weiß, wo Sie stehen. Schließlich wird es dafür bezahlt, Ihnen zu helfen.
Rechnen Sie in der Terminplanung viel Zeit für den finalen Aufschrieb ein: er dauert trotzdem länger.
 

* Entgendert nach Phettberg.